Version 4.0 ist da!

[teilweiser crosspost von iRights.info]

Es hat länger gedauert als gedacht, ziemlich genau doppelt so lang, aber am heutigen 25. November 2013 wird sie endlich vorgestellt: Die Version 4.0 der Creative-Commons-Lizenzen, kurz CCPL4. Dies soll so etwas wie “die endgültige Version” sein und wenn die Abstände zwischen den Versionen weiter so zunehmen, wäre mit einer CCPL5 erst um das Jahr 2025 herum zu rechnen.

An der schon bekannten Einteilung in sechs verschiedene Lizenztypen mit den jeweils unterschiedlich kombinierten Elementen “Namensnennung” (BY), “keine kommerzielle Nutzung” (NC), “keine Bearbeitungen” (ND) und “Weitergabe unter gleichen Bedingungen” (Share Alike) wurde festgehalten. Die neuen Lizenzen haben aber eine völlig neue Textstruktur bekommen. Sie sind stärker gegliedert, was dem Textwüsteneindruck entgegenwirken und der Übersichtlichkeit dienen soll. Davon abgesehen gibt es aber auch inhaltlich bzw. von den Funktionalitäten her diverse Neuerungen.

Was sich ändert mit den CCPL4

1. Die neue Version lizenziert Datenbankenrechte mit: Diese Änderung betrifft zumindest die für Europa angepassten Fassungen (Ports) direkt, denn in Version 3.0 war darin schlicht auf Datenbankenrechte verzichtet worden. Die Elemente wie BY oder NC blieben daher bisher ohne Wirkung hinsichtlich der Nutzung von Datenbanken. Künftig sind die Bedingungen wie “Namensnennung” usw. auch dann zu beachten, wenn außer Datenbankenrechten keine weiteren Rechte (wie etwa Urheberrechte) am Content bestehen. Anders als einige spezielle Datenbanklizenzen fordert die CCPL4 diese Bedingungen allerdings nur in denjenigen Ländern ein, in denen es ein gesetzlich verankertes Datenbankenrecht überhaupt gibt. In der EU gibt es ein solches in jedem Mitgliedsstaat, in den USA dagegen nicht. US-amerikanische Nutzer müssen sich daher an keine der Bedingungen halten, wenn nur Datenbankenrechte im Spiel sind.

2. Data Mining und Text Mining: In der neuen Version wird klargestellt, dass aus Sicht der Lizenzen keine Bearbeitungen entstehen, wenn Data Mining und Text Mining auf den lizenzierten Content angewandt werden. Das gilt zwar in vielen Rechtsordnungen weltweit ohnehin, in einigen ist es jedoch zweifelhaft oder wird sogar über Data Mining als eigene Nutzungsart diskutiert. Nutzer könnten daher aus Vorsicht davon abgehalten werden, Content auszuwerten, der unter einer CC-Lizenz steht, die keine Bearbeitungen erlaubt (Bedingung “No Derivatives”, ND). Der neue Lizenztext sorgt hier für klare Verhältnisse.

3. Verwandte Schutzrechte: Da immer wieder in einzelnen Ländern neue sogenannte “verwandte Schutzrechte” eingeführt werden, wie kürzlich auch in Deutschland mit dem “Leistungsschutzrecht für Presseverleger”, enthalten die CC-Lizenzen der Version 4.0 nun eine abstrakte Umschreibung dieser Rechte. Dadurch soll erreicht werden, dass der Strauß mitlizenzierter Rechte flexibel dem entspricht, was jeweils gerade im Urheberrecht vorgesehen ist. Das Ziel dabei ist, stets möglichst alle relevanten Rechte mit zu erfassen und freizugeben, damit möglichst wenig an weiterer Rechteklärung nötig ist.

4. Heilungsfrist: Bisher führte selbst ein versehentlicher Lizenzverstoß dazu, dass die jeweilige CC-Lizenz für den verstoßenden Nutzer entfiel. Nun wurde eine Klausel eingefügt, die es ähnlich auch in anderen Standardlizenzen gibt und die die Lizenz automatisch wieder aufleben lässt, wenn der Verstoß innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Bekanntwerden abgestellt wird.

5. Share Alike: Wird ein Werk mehrfach bearbeitet und gemäß Share Alike wieder neu lizenziert, reicht es künftig aus, die letzte (rechtmäßig) vergebene Lizenz einzuhalten. Hintergrund ist, dass streng genommen immer nur der Beitrag der/des Bearbeitenden neu lizenziert wird und ansonsten die für frühere Bearbeitungen vergebenen Lizenzen daneben weiter bestehen und weiter zu beachten sind. Dadurch können sich viele “Schichten” zu beachtender Lizenzen um ein mehrfach bearbeitetes Werk herum bilden. Solange es sich dabei um denselben Lizenztyp handel, etwa CC Namensnennung – Share Alike 3.0 de, sind einfach nur mehrere Vorbearbeiter zu nennen und sonst die bekannten Bedingungen dieses Lizenztyps einzuhalten. Da aber im Rahmen von Share Alike auch ähnliche, kompatible Lizenzen vergeben werden können und vor allem auch andere Länderportierungen und spätere Versionen desselben Lizenztyps (um im Beispiel zu bleiben: CC Namensnennung – Share Alike 4.0 international), kann es schnell sehr komplex werden. Dann wären nämlich eigentlich nebeneinander all diese ähnlichen aber doch in Details unterschiedlichen Lizenzen zu beachten. Damit soll nun Schluss sein, denn kaum ein ungeschulter Nutzer kommt mit dieser Eigenheit des Lizenzrechts wirklich klar. Entsprechend gilt ab 4.0 nun die zeitlich letzte vergebene Lizenz stets als allein maßgeblich, auch wenn sie sich im Detail von den übrigen am Werk bestehenden Lizenzen unterscheidet. Dadurch kann es zwar im Endeffekt zu einer nachträglichen Änderung der Regeln kommen, die ein Urheber zu Anfang einmal für das Ausgangswerk festgelegt hatte. Die sind jedoch geringfügig und nach Ansicht der CC-Juristen verschmerzbar, wenn dafür das ganze Share-Alike-System besser funktioniert.

6. Namensnennung: Die laut jedem CC-Lizenztyp erforderliche Angabe, wer Urheber bzw. Rechteinhaber eines CC-lizenzierten Werkes ist (die Bedingung “BY”), wurde etwas vereinfacht. So kann ab 4.0 nun immer per Link auf eine weitere Seite verwiesen werden, die die vollständigen Rechteangaben enthält, wodurch in vielen Anwendungsfällen Platz gespart werden kann, ohne die Rechteinformationen verloren gehen zu lassen. Früher war das nur ausnahmsweise möglich. Zudem können Urheber ab der neuen Version auch dann die Entfernung des eigenen Namens verlangen, wenn ihr Werk unbearbeitet, also 1:1 genutzt wird. Das war zuvor teils unterschiedlich im Text interpretiert worden.

Was sich nicht verändert

Einiges hat Creative Commons aber bewusst nicht verändert beim Übergang zu 4.0 und dürfte so wohl auch ein paar Hoffnungen enttäuschen:

1. Die Definition von „nicht kommerziell“ (Teil der Lizenzbedingung NC) wird nicht verändert, also weder genauer noch weiter gefasst. Die bisherige Definition ist seit Version 1.0 weitgehend unverändert und in tausenden Websites, Backends und sonstigen Systemen und Geschäftsmodellen fest verankert. Wenn nun nach über 10 Jahren eine Änderung vorgenommen werden sollte, so die Ansicht der CC-Juristen, müsste diese Änderung sehr überzeugend argumentiert werden. Das war im Diskussionsprozess zu Version 4.0 nicht zu erkennen. Vielmehr hielten sich die Lager der Befürworter einer Präzisierung und die einer weiteren Fassung in etwa die Waage.

2. Auch die CCPL4 enthalten keinerlei Rechtegarantie. Eine Garantie in den Lizenztext aufzunehmen wurde und wird immer wieder gefordert, weil es im Lizenzrecht keinen gesetzlichen Schutz für gutgläubige Nutzer gibt, die sich fälschlich darauf verlassen, dass die per Lizenz angeblich eingeräumten Rechte vom Lizenzgeber überhaupt eingeräumt werden können. Angesichts der massenhaften Vergabe von CC-Lizenzen in großen Sammlungen wie etwa den Wikimedia Commons, würde eine solche Garantie und der damit einhergehende Prüfungs- und Versicherungsaufwand viele Lizenzgeber jedoch überfordern. Man müsse sich auch vor Augen halten, so die Argumentation weiter, dass es hier um kostenlos eingeräumte Rechte geht, bei denen ein Sicherheitsstandard wie im kommerziellen Rechtehandel weder finanzierbar ist noch ernsthaft erwartet werden kann. Es bleibt aber natürlich weiterhin möglich, parallel zur jeweiligen CC-Lizenz selbständige Garantien zu geben. Auch das spricht dagegen, diese verpflichtend mit in die Lizenzen einzubauen.

3. Es gibt weiterhin keine Auto-Update-Funktion. In einigen anderen Standarlizenzen ist vorgesehen, dass Nutzer bei Erscheinen einer neuen Lizenzversion ab diesem Zeitpunkt ungefragt nach den Regeln dieser neuen Version nutzen dürfen, dass der bestehende Content also letztlich automatisch auf die neue Lizenzversion umlizenziert wird. Diese Funktion gab es in den CCPL nie, auch wenn einige Leute das immer dachten. Die Grundentscheidung des Urhebers ist in gewissem Sinne heilig. Die von ihm vergebene Lizenz-Version bleibt maßgeblich, auch wenn CC eine neue Version herausbringt. Dadurch soll der besonderen Bedeutung des Urhebers ausreichend Respekt entgegen gebracht werden. Wer als Urheber dennoch ein automatisches Update möchte, kann das problemlos so in seinem Lizenzhinweis vermerken und damit die gewünschte Wirkung erzielen.

4. Nach wie vor werden durch die CCPL keine Persönlichkeitsrechte lizenziert. Persönlichkeitsrechte sind beispielsweise immer dann zu beachten, wenn echte Personen auf Bildern oder in Videos zu sehen oder in Audiomitschnitten zu hören sind. Zusätzlich hat auch jede Urheberin und jeder Urheber derartige Rechte, die als Teil des Urheberrechts mit jedem Werk zusammenhängen. Da für diese Rechte besondere und weltweit teils sehr unterschiedliche Regeln gelten, wurden sie schon in den ersten Versionen der CCPL komplett außen vor gelassen. Das bleibt so und hat zur Folge, dass Persönlichkeitsrechte – so vorhanden – nicht automatisch mit freigegeben, sondern vor der Nutzung zusätzlich zu klären sind.

Übrigens wird nicht nur die Lizenz neu gefasst, sondern auch das Lizenzauswahlprogramm auf der CC-Website erweitert, der sogenannte “License Chooser” (http://creativecommons.org/choose/?lang=de). Er soll zukünftig deutlichere Hinweise dazu geben, welche möglicherweise ungewollten Konsequenzen etwa die Auswahl einer Lizenz mit dem Merkmal NC hat. Wer unter diesem Lizenztyp lizenziert, sorgt damit zugleich rechtlich dafür, dass das Material beispielsweise nicht in die Wikipedia aufgenommen werden kann. Vielen ist diese Konsequenz jedoch verständlicherweise nicht bewusst, wenn sie den gewünschten Lizenztyp auswählen. Daher wird es nun entsprechende Textfelder geben, die darauf hinweisen.

7 thoughts on “Version 4.0 ist da!”

  1. Vielen Dank für die viele Arbeit und den Artikel 🙂
    Aber eine kleine Bitte noch: formatiert den doch noch mal durch und baut Hervorhebungen ein, damit man schnell dadurch findet.

  2. Habt ihr nicht eine der wichtigsten neuerungen vergessen: Es gib keine portierten Versionen mehr sondern nur eine internationale Version?

Leave a Reply

Your email address will not be published.